Anetta Kahane, * 1954, Ost-Berlin, DDR

Fünf Tage vor der Öffnung der Mauer nimmt Anetta Kahane an der größten Demonstration der DDR-Bürgerrechtsbewegung in Berlin teil. Sie berichtet von der Euphorie und dem Wunsch nach einem Neubeginn, der an diesem Tag auf den Straßen spürbar wird. Nachdem sie erlebt, wie die Demonstrationen nach der Maueröffnung aggressiver und nationalistischer werden, beteiligt sie sich nicht mehr daran.

Als erste „Ausländerbeauftragte“ des Ost-Berliner Magistrats von Mai bis Oktober 1990 setzt sie sich für das Bleiberecht ehemaliger Vertragsarbeiter*innen ein. Auch hier sieht sie sich mit nationalistischen Tendenzen konfrontiert – im Einigungsprozess der beiden deutschen Staaten wird den Anliegen der Vertragsarbeiter*innen kaum Beachtung geschenkt.

Die Gewalt nach der Maueröffnung steht für Kahane in einem direkten Zusammenhang mit der Verdrängung und Verleugnung des Nationalsozialismus in der DDR-Gesellschaft. So konnten völkischer Nationalismus, Antisemitismus und Rassismus unberührt fortbestehen.

Seit 2003 ist Anetta Kahane Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, die sie Ende der 90er mitbegründete. Amadeu António Kiowa kam 1987 als Vertragsarbeiter aus Angola in die DDR und wurde am 24. November 1990 zu einem der ersten Todesopfer rassistischer Gewalt nach der Wiedervereinigung. Zu seinem Gedenken setzt sich die Stiftung für eine demokratische Zivilgesellschaft ein, die sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wendet.